Perchtenläufe und Krampusrummel
28/11/2010
Als bekennender Krampus- und Perchtenfan, wohnte ich letzten Samstag dem wilden Treiben beim Perchtenlauf in Leobersdorf bei. Wie auch schon im Vorjahr waren hier eine große Anzahl von sogenannten Passen (lokale Krampus- oder Perchtengruppe) und einige Brauchtumsgruppen vertreten, so dass insgesamt über 300 Gestalten ihr schauriges Unwesen trieben.
An dieser Stelle ein bisschen Theorie. In unserer Gegend gibt es im Brauchtum kaum mehr eine Trennung zwischen Perchten und Krampussen.
Perchten teilen sich traditionell in Schiachperchten und Schönperchten. Sie haben die Aufgabe den Winter, bzw. die bösen Geister des Winters auszutreiben, oder auch das alte Jahr aus- und das neue ein zu läuten. Dies geschieht hauptsächlich in den Raunächten. Diese meist 12 Nächte (12Apostel) beginnen (christianisiert) meist mit dem 24.12 (Weihnachten) und enden am 6 Jänner mit der Erscheinung des Herrn. Wie immer hat es sich die Kirche hier einfach gemacht und sich alte Bräuche und Festtage zur Bekehrung der Heiden zu eigen gemacht. Während die Frühchristen das Geburtsfest Chrsiti nicht näher bestimmt hatten, machte Karl der Große es 800 zum Kirchenfest und bestrafte jene welche weiterhin das alte Julfest (Fest zur Wintersonnwende) feierte, mit dem Tod.
Die Raunächte selbst, haben ihren Ursprung mit ziemlicher Sicherheit in der Zeit, als die Zeitrechnung noch nach einem Mondjahr erfolgte. Ein aus 12 Mondmonaten bestehendes Jahr zählt nur 354 Tage. Um aber mit dem Sonnenjahr von 365 Tagen und damit mit den Jahreszeiten im Gleichklang zu bleiben, schob man die fehlenden 11 Tage (zwölf Nächte) als so genannte „tote Tage“ in die Zeitrechung ein. In vielen Mythologien weltweit gilt diese Zeit als besondere Zeit in der die normalen Gesetze der Natur außer Kraft sind und allerhand magische Rituale abgehalten werden.
In unseren Breitengraden ist diesbezüglich der Mythos der „wilden Jagt“ bekannt. Bei dieser zieht ein Heer von übernatürlichen Wesen als Jagdgesellschaft durch die Lüfte. Angeführt wird (in Süddeutschland und Österreich) die Gesellschaft von Frau Perchta. Auf den Namen und das Aussehen der Frau Perchta gehen wahrscheinlich die uns bekannten Perchten zurück.
Wenngleich nicht sicher festzustellen ist, inwieweit die heutigen Perchtenläufe tatsächlich auf heidnische Bräuche zurückzuführen sind, so legt die Verknüpfung mit der Frau Perchta sowie ihr Auftreten in den Raunächten vorchristliche Wurzeln nahe. Diesbezüglich ist auch interessant, das Perchten in ihrem Aussehen sehr oft NICHT der üblichen Darstellung des Teufels ähneln. Vielmehr erinnern sie häufig an Naturgeister und sind von der Darstellung her weder als eindeutig gut, noch als eindeutig böse zu erkennen. Hinzu kommen auch die Darstellungen verschiedener weiterer regionaler Märchen -und Sagengestalten.
Was die Krampusse betrifft, lassen sich diese im Gegensatz zu den Perchten in ihrem Aussehen meistens eindeutig als teuflisch und damit böse identifizieren.
Die Krampusse sind die Begleiter des heiligen Nikolaus von Myra, einem griechischen Bischof der in der ersten Hälfte des 4.Jahrhunderts im kleinasiatischen Lykien wirkte. Um seine Person ranken sich vielfältige Legenden, wodurch er zu einem der bekanntesten Heiligen wurde. Das entstandene Brauchtum um seine Person ist regional sehr unterschiedlich ausgeformt.
In jedem Fall wurden ihm im Brauchtum im Laufe der Zeit allerhand böse Gestalten zur Seite gestellt. Es wird angenommen das diese auf den Satansmythos, vorchristliche römische Saturnalien und Panverehrung sowie germanisches Brauchtum zurück gehen.
Während Perchten meist eine der von ihnen verkörperten Rolle entsprechende Autonomie erkennen lassen und nur fallweise einem Oberhaupt zu folgen haben, müssen sich Krampusse prinzipiell dem Nikolaus unterordnen. Sprich, die Kirche hat die Macht über das Böse. Dementsprechend hat sich der Mensch auch der Kirche zu unterwerfen, denn die Braven kriegen von Nikolaus Geschenke, während die Schlimmen ein paar mit der Rute bekommen, oder überhaupt gleich in die Butte und damit in die Hölle kommen. Zuweilen sieht man auch, dass ein Krampuss einen anderen an einer Kette führt, was auf gewisse hierarchische Strukturen innerhalb der Hölle und ihrer Bewohner schließen lässt.
Wie eingangs erwähnt, gibt es in unserer Gegend diese klare Trennung zwischen Krampus und Percht nicht mehr. Da sieht man schon mal einen Waldschrat neben dem Nikolaus oder einen Naturgeistpercht in trauter Zweitracht mit dem Höllenfürsten.
Oder auch einen Krampus der dem Tod die Sense anzündet.
Der Tod ist überhaupt eine interessante Gestalt. Als Sensenmann personifiziert trifft man ihn in vielen Perchten/Krampussgruppen. Der Gevatter, der Schnitter- Er ist eben allgegenwärtig, der Tod, und wohl eine der beständigsten Gestalten in all dem Treiben.
Im übrigen mag sich ob solcher Durchmischungen manchem Freund des traditionellen Brauchtums der Magen umdrehen, und manchem Christen mögen die vielen heidnischen Gestalten nach wie vor ein Dorn im Auge sein. Aber die Veränderung ist es, die meiner Meinung nach Brauchtum erst lebendig macht. Auch wenn wir heute nicht mehr klar feststellen können was woher kommt, erzählt der bunte Mischmasch eine klare Geschichte von Veränderung und Wandel. Eine Geschichte die man nicht unbedingt historisch ergründen muss um sie zu verstehen. Es genügt, das wilde Treiben auf sich wirken zu lassen, dann spürt und versteht man die Symbolik und ihre Bedeutung letztlich ganz von selber, ungeachtet ihrer Herkunft.
So, danke fürs lesen, und hier könnt ihr euch noch ein paar weiter Bilder von Perchten-Krampussen und Konsorten ansehen. Ein paar Gedanken zu den Masken an sich sowie weitere Bilder, findet ihr auch hier. Mit wilden Grüssen, Manfred Herrmann
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Also ich weiß diese alten Bräuche zu schätzen, da ich Vánatrúir bin(Neu-Heide)
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Ja, war echt cool. Vieleicht gehe ich am Wochenende auch nach Baden und schau mir die Berndorfer Perchten an. Die haben auch die coolen Drummer dabei.
Die Musik in Leobersdorf war eine Katastrophe, aber das ist sie bei uns bei allen Perchtenläufen, leider. ….
Ich hätte es wie immer, nicht besser formulieren und auch nicht fotografieren können. Sehr schön! Ich finde die Vielfalt wirklich toll und vor allem die Kunst, die in manchen Masken steckt. Gevatter Tod ist meine Lieblingsgestalt, ich mag‘ ihn einfach. Aber ein bisschen mehr „Brauchtum“ würde nicht schaden. Ich meine, gerade bei so einer Veranstaltung könnte man doch auch etwas über die Geschichte erzählen…aber jedenfalls war es toll zuzusehen!!