Am Teich – sitzen statt meditieren
29/06/2012
Keine zehn Gehminuten von mir daheim entfernt, versteckt sich in einem kleinen Flecken grün zwischen Getreidefeldern, ein kleiner, von alten Weiden beschatteter Teich. Dort gehe ich öfter zum fotografieren hin – Wobei die Kamera aber oft mehr meiner Motivation dient um meinen Allerwertesten vom Stuhl vor dem PC zu lösen, während mir am Teich dann das Schauen und Sein alleine genügt.
Wenn man sich am schlammigen Ufer eines solchen Teiches hinhockt, dann sieht man ja am Anfang nur trübes Wasser, Gestrüpp, Schilf, ein paar vor sich hin modernde Äste im Wasser. Lästige Insekten schwirren in der feuchten Luft herum und an den etwas modrigen Geruch muss man sich auch erst gewöhnen. Viele Menschen denken sich in dieser Situation: „Nun ja, auch nur ein Tümpel.“ Dann gehen sie wieder fort.
Nimmt man sich aber etwas Zeit die Natur einfach auf sich wirken zu lassen, geschieht etwas merkwürdiges mit einem – Der Geist wird ruhiger und die Sinne schärfer.
Ist es wirklich nur ein Stück Holz welches da vorne im Wasser treibt? Sitzt da nicht etwas drauf?
Ups. Der Ast, den man vorher nur flüchtig seine Aufmerksamkeit widmete, hat ja Augen!
Cool. Wenn sich das Auge erst einmal darauf eingestellt hat sie zu sehen, erblickt man sie plötzlich überall. Ein Phänomen welches mich jedes mal aufs neue fasziniert.
Man verbringt also eine Weile damit, den Fröschen zuzuschauen. Schon faszinierend. Unglaublich wie gut getarnt die eigentlich sind.
Dann plötzlich, bewegt sich das Wasser auf diese typische Weise. Das hat man schon einmal gesehen. Aber es dauert ein paar Augenblicke ehe man begreift wodurch diese Wasserbewegung ausgelöst wird. Im nächsten Augenblick schwimmt sie auch schon geschwind und elegant an einem vorüber. Sie, Gundula, die Ringelnatter, unumstrittene Königin des Teiches und Schrecken der Frösche.
Bereits seit vorigem Jahr versuche ich, ein Foto von Gundula beim entspannten Sonnenbaden, oder gar beim Beutefang zu machen. Bislang leider vergeblich. Ringelnattern sind wirklich sehr scheue Tiere, die bei der geringsten falschen Bewegung das Weite suchen. Zudem sind sie fast noch besser getarnt als Frösche. Zwischen Treibholz oder am schlammigen Ufer, wohin Gundula nun verschwindet, so gut wie unsichtbar.
Dafür lässt sich ein große Libelle auf einem Ast im Wasser nieder. Sie bleibt eine Weile sitzen, fliegt dann für ein paar Sekunden auf und landet wieder auf dem selben Ast. Wieder und immer wieder. Warum? Irgend ein Paarungsverhalten?
Während ich ihr bei ihrem Tanz zusehe, beginnen mir die Dinge bewusst zu werden, die man nicht fotografieren kann. Geräusche vor allem. Das Rauschen der Blätter im leichten Sommerwind. Das allgegenwärtige Zirpen der Grillen natürlich. Irgendwo im Unterholz schimpft eine Amsel. Aber dazwischen auch die unscheinbareren Geräusche. Das trockene kratzen von den Flügeln dieser komischen Insekten deren Namen ich nicht weiß, die aber immer zwischen den Blättern herumfliegen. Ein dumpfes knacken, dessen Herkunft ich nicht feststellen kann. Dann, in einem windstillen Moment wo auch keine Grille in Hörweite zirpt und alles still scheint, höre ich das Geräusch eines im Wasser landenden Blattes. Ja. Man kann es wirklich hören. Wenn man sich die Zeit dazu nimmt.
Kaum ist das Blatt im Wasser gelandet, setzt auch der Wind und mit ihm das rascheln des Schilfes wieder ein. Das Schilf. Schlichte grüne Halme. Aber eigentlich… gleicht doch kein Halm wirklich völlig dem anderen. Und warum sind die Halme eigentlich geknickt? So viele Dinge die man nicht weiß.
Doch schon bewegt sich das Wasser erneut. Diesmal kommt Gundula von der anderen Seite. Lautlos.
Ein Foto geht sich aus, bevor sie wieder im Schilf verschwindet. Ich freue mich, sie heute bereits zwei mal gesehen zu haben. Wobei es natürlich auch zwei verschiedene Schlangen sein können. Ich habe ja keine Ahnung, wie viele Gundulas es an diesem Teich gibt.
Es kümmert mich aber auch nicht all zu sehr. Denn wichtiger als die Fotos von Schlangen und Fröschen ist, dass ich mittlerweile ganz ruhig und entspannt geworden bin. Es ist keine Hast, kein Grant, keine Alltagssorge mehr in mir. Ich habe früher viel meditiert und autogenes Training betrieben und mich mit allerhand esoterischen Dingen befasst. Zum Teil tue ich das auch heute noch. Aber letztlich stellte und stelle ich doch immer wieder fest, dass es in vielerlei Hinsicht kaum eine wirkungsvollere Methode gibt, als sich in eine -zumindest halbwegs- intakte Natur zu setzen und diese einfach auf sich wirken zu lassen.
Klar wird jetzt manch einer lächeln und mich für einen verklärten Naturromantiker halten, der nichts besseres zu tun hat, als am schlammigen Ufer zu sitzen und Frösche zu zählen.
Vielleicht bin ich das auch. Aber dafür bin ich auch derjenige, der weiß wo der Frosch sitzt.
Mit teichfrischen Grüssen, Manfred Herrmann
Lieber Manfred,
deine Fotos und dein Text zu den Bildern haben mir mal wieder gezeigt, dass es in dieser Welt offensichtlich Momente gibt, die einfach in der Luft liegen. Deren Sporen weiter getragen und ohne eigentliches Wissen ansteckend wirken. Auch ich habe in meinem gerade beendeten Urlaub im fernen Schweden Ähnliches erlebt – an einer ehemaligen Kalkgrube, die zwischenzeitlich ein wunderbares Naturplätzchen geworden ist, hatte ich die Stille, die notwendig ist, um zu hören, was nicht sofort sichtbar wird. Ich habe Meditation aber schon früher nicht als Selbstzweck gesehen, sondern sie an vielen Orten mit den dortigen Gegebenheiten und mit mir verbunden.
Ich danke dafür, dass du diese Seite mit den Fotos nebst Text anderen öffentlich machst.
LG
Margret