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Unscharfe Bilder

Das menschlich Auge, sucht beim Betrachten eines Bildes immer nach einen Punkt, auf den es scharf stellen kann. Wenn wir ein Bild, insbesondere eine Fotografie betrachten, richtet sich unsere Aufmerksamkeit deshalb immer zuerst auf den scharfen Bereich. Somit ist Schärfe, beziehungsweise die Kombination von Schärfe und Unschärfe, eines der Gestaltungsmittel um den Blick des Betrachters auf bestimmte Bildbereiche zu lenken.

Was aber, wenn ein Bild durchgehend unscharf ist? Ist es deshalb automatisch ein nicht-gelungenes Bild?

Das folgende Foto ist ein Urlaubs- Schnappschuss. Die Unschärfe hatte ich nicht geplant, sondern der Autofokus meiner kleinen Coolpix hatte es wieder einmal nicht geschafft auf irgendetwas richtig scharf zu stellen. Was ich ansonsten als Ärgernis betrachte, empfinde ich in diesem Fall als Vorteil.
Das Bild ist immer noch scharf genug um zu erkennen was man sieht. Es wird durch die Unschärfe aber weicher, bekommt etwas traumartiges.

kroatiencoolpix (127)

Motiviert von diesem Bild habe ich mich in letzter Zeit damit beschäftigt, auch mal absichtlich unscharf zu fotografieren.
Und ich war überrascht wie schwer mir das fällt. Bislang habe ich mir mühsam und mit wechselnden Erfolg beizubringen versucht, auf den richtigen Bereich meines Motives in der richtige Weise scharf zu stellen. Dieses Gestaltungsmittel fehlte mir nun plötzlich.
Auch sonst wusste ich nicht so recht wie ich das Thema angehen sollte. Also griff ich auch die gute und altbewährte trial and error Methode zurück, marschierte mit der Kamera um den Hals aus dem Haus und knipste lustig unscharf drauf los.

sooß spaziergang (6)

Dabei taten sich mir dann Fragen auf wie:

Wie viel Unschärfe ist die richtige? Soll man gleich erkennen können worum es sich handelt? Soll es völlig abstrakt werden? Soll man erst nach längerem Hinsehen erkennen können worum es sich handelt?
Dann weiter: Wie ändert sich das Aussehen der Unschärfe im Zusammenhang mit der Blende?
Wie baue ich unscharfe Bilder auf? Genau so wie scharfe?
Wovon leben unscharfe Bilder eigentlich?

sooß spaziergang (94)

Obiges Bild reißt mich nicht unbedingt raus, aber ich denke es führt mich in eine richtige Richtung. Anstatt der Schärfe ziehen hier die knalligen Farben des Schuljungen den Blick auf sich. Auch muss der unbescholtene Betrachter vielleicht zweimal hinsehen um sich zu vergewissern, dass es sich bei dem Jungen um eine Plastikfigur und keinen echten Menschen handelt. Was die Story „Schuljunge quert Straße“ betrifft – Naja, besser als nichts.

Mit den Gedanken bei unscharfen Farbflecken, lasse ich mich zu Leuten mit Regenschirmen verleiten.

Schwechat und Baden (79)

Ich weiß nicht. Langweilig?

Hier zum Abschluss noch ein Bild welches mir weitere Fragen aufwirft. Es ist die Krux mit dem, was der Fotograf weiß, der Betrachter aber nicht. Was seht ihr hier auf diesem Bild:

Schwechat und Baden (65)

Das Auge sucht zwar immer einen Punkt zum Scharfstellen, aber zugleich sind Menschen natürlich auch dazu in der Lage, Dinge anhand ihrer unscharfen Formen und Farben zu erkennen, sofern sie etwas ähnliches auch schon zuvor gesehen haben. Die meisten Menschen werden keine Schwierigkeiten damit haben, auf dem Bild Baumstämme, Blätter und dahinter etwas das wahrscheinlich Wasser ist zu erkennen.

Aber nur ich als Fotograf weiß, ob es sich beim dritten Baumstamm von links um einen Baum, oder um einen Fischer mit einer Angelrute in der Hand handelt.

Soweit also meine bisherigen Versuche zu diesem Thema.
Mit unscharfen Grüssen, Manfred Herrmann