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Die Nornen

Aus der nordischen Mythologie sind uns Nornen bekannt. Dabei handelt es sich um schicksalbestimmende Frauen, von denen einige von den Göttern, andere von den Zwergen oder Alfen abstammen.
Drei dieser Frauen sind uns aus der Völuspa mit Namen bekannt:

Eine Esche weiß ich,
heißt Yggdrasil,
Den hohen Baum
netzt weißer Nebel;
Davon kommt der Tau,
der in die Täler fällt.
Immergrün steht er
über Urds Brunnen.

Davon kommen Frauen,
vielwissende,
Drei aus dem See
dort unterm Wipfel.
Urd heißt die eine,
die andre Verdandi:
Sie schnitten Stäbe;
Skuld hieß die dritte.
Sie legten Lose,
das Leben bestimmten sie
Den Geschlechtern der Menschen,
das Schicksal verkündend.

Urd, deren Namen „Schicksal“ bedeutet, steht für das Gewordene und die Vergangenheit.
Werdandi ist das nordische Wort für „werdend“. Werdandi steht für die Gegenwart.
Skuld, deren Namen „Schuld“ bedeutet, steht für die Zukunft. Das der Vergangenheit „Geschuldete“,  das geschehen muss, weil es aufgrund der Vergangenheit nicht anders geschehen kann.

Folgt man der Gylfagynning der Snorra Edda, dann kümmern sich die Nornen auch um den Weltenbaum:

 „Ferner erzählt man, dass die Nornen, die am Urdabrunnen hausen, täglich Wasser aus dem Brunnen schöpfen und dazu den Schlamm, der um die Quelle herum liegt, und dies über die Esche ausgießen, damit ihre Zweige nicht verdorren oder verfaulen. Dies Wasser ist so heilig, dass alle Dinge, die in jene Quelle geraten, so weiß werden wie die Haut, die man Skjall nennt und die innen an der Eierschale sitzt.“
(– Gylfagynning Kap. 16.)

Von Urd, Werdandi und Skuld abgesehen. scheint es noch mehr Nornen zu geben, deren Namen nicht genannt werden, die aber verschiedene Aufgaben haben. So fragt Sigurd im Fafnismal den Drachen Fafnir:

Laß dich fragen, Fafnir,
da du vorschauend bist
Und wohl manches weißt:
Welches sind die Nornen,
die notlösend heißen
und Mütter mögen entbinden?

Fafnir:
Verschiedenen Geschlechts
scheinen die Nornen mir
Und nicht eines Ursprungs.
Einige sind Asen,
andere Alfen,
Die dritten Töchter Dwalins.

Im Anschluss an die Geburt, bestimmen die Nornen das Schicksal:

Nacht wurde es im Gehöft,
Nornen kamen,
die dem Edlen
die Lebenszeit schufen;
sie bestimmten, dass dieser Heerführer
der berühmteste werde
und als der Fürsten
bester erscheine.

Davon abgesehen, findet man in der Gylfagynning den Hinweis:

„Gute Nornen aus vornehmem Geschlecht bescheren gutes Leben; wen aber Unglück heimsucht, der verdankt das den bösen Nornen.“

Die Nornen finden ihre Entsprechung auch in den Parzen der römischen, den Zorya der slawischen und den Moiren der griechischen Mythologie.

Interessant ist, das die Nornen eigenständige Wesen zu sein scheinen. Wie Fafnir sagt: „Und nicht eines Ursprungs.“ Es liegt also nahe, dass sie nicht die Handlanger eines Geschlechts sind, sondern das Schicksal aller Geschlechter, also Riesen, Asen, Wanen, Alfen, Zwerge und Menschen beeinflussen. Es ist denkbar, dass man bei der Geburt eines Kindes die Nornen um ein gutes Schicksal gebeten hat.
Aber wie auch sonst immer in den nordischen Mythen – Alles hat seine Ordnung, seine Ursache, seine Wirkung, seine waltenden Kräfte.

 Mit nornischen Grüssen, Manfred Herrmann