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Spiegelbilder

Wir leben in einer Welt der Verzerrung, umgeben von diffusen Spiegelbildern unserer Wünsche und Bedürfnisse, oft hochstilisiert zu bunten Bilderfluten, professionell  verkauft in eigens dafür gefertigten
architektonischen Wunderwerken, beraten von psychologisch geschulten Verkaufstalenten. Mittendrin die allgegenwärtige Politik, eine stete Meisterleistung der verbalen Suggestion, die das hässliche schön redet und alles nicht ganz hässliche zum beinahe schon göttlichen Sieg der Partei über die Widrigkeiten des Lebens hinauf spricht- Natürlich nur solange es der Sieg über den politischen Gegner ist.

Alle jene wiederum, denen es mit der Gaukelei der Hardcore- Kapitalisten und politischen Märchenerzählern reicht, werden mit offenen Armen von diesen und jenen Religionsvertretern empfangen, oder finden ihr Seelenheil in den Zerrbildern des neu aufbereiteten alten Wissens beliebiger Ahnen, während sie im unscharfen Licht der allumfassenden Liebe auf den Beginn des neuen Zeitalters hoffen.

Will man allen drei Gruppen entfliehen, bieten sich die wunderbaren Halluzinationen verschiedener Drogen an. Oder man wird zum Kunstschaffenden und fertigt sich ein eigenes Zerrbild seiner Wünsche und Bedürfnisse.

Allerdings, in letzter Instanz und immer vorausgesetzt man hat genug Zeit dafür, findet man immer wieder zurück in einen Zustand der Leere, wo man sämtliche Spiegelbilder als das erkennt was sie sind- Spiegelbilder. Produkt einer Wirklichkeit für deren Dasein sie nichts können.

Hierin liegt letzthin die große Kunst aller Suche nach Sinn. Sich umzuwenden, abzuwenden von den Spiegelbildern, denn diese zeigen niemals die Welt wie sie ist, sondern enthalten stets auch was wir in ihnen zu sehen erwarten. Sich umzudrehen bedeutet zu sehen was ist und darin zu finden, selbstbestimmt zu entscheiden, was fehlt.

Mit spiegelbildlichen Grüssen, Manfred Herrmann