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Schwänehygiene

Wie wohl jeder zugeben muss, sind Schwäne ausgesprochen schöne und elegante Tiere. Nicht umsonst haben sie Eingang in viele Märchen und Sprichwörter gefunden, sind fester Bestandteil von Mythologien und werden bis heute in manchem Wappen geführt.

Was jedoch die wenigsten Wissen ist, welch enormer Pflegeaufwand hinter dieser Schönheit, beziehungsweise zumindest hinter dem tadellosen weißen Gefieder steckt. Ausgewachsene Schwäne bringen beinahe 4 Stunden täglich alleine mit der Federpflege zu.

Dabei wird wirklich jeder erreichbare Quadratzentimeter der Körperoberfläche mit dem Schnabel durchkämmt, von Parasiten befreit, mithilfe des in der sogenannten „Friseurdrüse“ ge-speicherten Wassers geglättet und in Form gebracht. Ausgespart bleibt dabei vorerst nur der Kopf-Halsbereich, den die Tiere selbst nicht erreichen können. Hier übernimmt dann der oder die Partnerin das bürsten und stylen. Man nimmt an das dies einer der Gründe ist warum Schwäne lebenslange Partnerschaften eingehen, auch weil die gegenseitige Gefiederpflege ein fester Bestandteil des Balzrituals ist. So kann man übrigens an der Ordentlichkeit des Kopfgefieders zumeist auch erkennen, ob ein Schwan Single ist oder nicht.

Mutter Natur hat den Schwan für diese obsessive Art der Körperpflege natürlich bestens ausgestattet. Neben der oben genannten Friseurdrüse, die sich im Körper-inneren knapp hinter dem Schnabelansatz befindet, ist der Schwan auch mit einem „Haarloch“ ausgestattet, einem Loch in der Oberseite des Schnabels welches zwei Funktionen erfüllt. Erstens finden sich an den Rändern des Lochs winzig kleine Nervenhaare, die dem Schwan bei Berührung des Gefieders Informationen über Länge und Zustand des Gefieders vermitteln. Zweitens benutzt der Schwan das Loch zum „wickeln“ gewisser Federn, indem er ein zuvor befeuchtetes Haarbüschel darin einfädelt und dann mit einer ruckartigen Bewegung des Kopfes daran zieht -Ähnlich wie man mit einer Schere an der Schnur einer Geschenkverpackung zieht um diese zu kräuseln.  Des weiteren besitzt der Schwan so wie jeder gute Friseur natürlich auch einen Kamm. Dies sind kleinen Zacken am Schnabel, wie man sie auf dem Bild oben erkennen kann, und die fälschlicherweise oft als Zähne interpretiert werden.

Neben der Friseurdrüse, dem Haarloch und dem Kamm, dient dem gepflegten Schwan die Beschaffenheit der Ober-und Unterseite seines Schnabels. Diese gleicht in etwa der Beschaffenheit von sehr, sehr feinem Schmirgelpapier, so das auch allerfeinste lose Haare daran hängen bleiben können. Wenngleich es keine eindeutigen Belege dafür gibt, lassen steinzeitliche Felszeichnungen darauf schließen, dass Schwäneschnäbel schon früh zum feinschleifen von hölzernen Speerspitzen und ähnlichen verwendet wurden.  Interessant ist auch, das Felszeichnungen Schwäne zumeist bei der Körperpflege zeigen. Es liegt also nahe, das auch unsere Vorfahren vom beinahe schon als manisch zu bezeichnenden Schönheitswahn der Schwäne beeindruckt waren. Und damit vor dem selben Rätsel standen wie die Wissenschaftler heutzutage, nämlich der Frage: „Wofür der Aufwand?“.

Die Antwort darauf weis niemand so recht, zumal neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass auch ein halbe Stunde Federpflege täglich durchaus ausreichend wäre um die Funktionsfähigkeit des Federkleides aufrecht zu erhalten. Fest steht dabei auch, dass dieser Schönheitswahn nicht angeboren ist, sondern erlernt wird. Junge Schwäne kommen entsprechend zerrupft daher und es zeigt sich, dass Schwäne die von Menschen großgezogen werden, es in ihrem weiteren Leben bei etwa einer Stunde Körperpflege belassen solange sie Single sind. Gehen sie dann jedoch eine Partnerschaft mit einem wild aufgewachsenen Vogel ein, „lernen“ sie von diesem und weiten ihre Haarpflege auf den üblichen Zeitrahmen von etwa 4 Stunden täglich aus.

So, ich hoffe euch hiermit mal wieder was neues aus der Tierwelt berichtet zu haben. Ich freue mich über Kommentare mit weiteren Anmerkungen zu dem Thema :-), Manfred Herrmann